AD(H)S
Kennen Sie Michel? Michel aus Lönneberga? Diesen kleinen blonden Jungen, der seinen Kopf in die Suppenschüssel steckt und nicht wieder hinausbekommt?, der seine Schwester Ida am Fahnenmast hochzieht, damit sie mal die Welt sehen kann?, der statt einer Maus den Zeh seines Vater fängt?, diesen Michel, der eigentlich nichts als dumme Streiche im Sinn hat? und mehr Unfug anstellt als das Jahr Tage hat?
Nein, den kennen sie nicht? Na dann kennen Sie aber vielleicht den Michel, der seinem Freund, dem Knecht Alfred, das Leben rettet, indem er ihn bei Sturm und Schnee, mit dem Pferdeschlitten zum Doktor bringt, der die Alten im Armenhaus mit dem Weihnachtsschmaus seiner Eltern beschert, der nach jedem seiner Streiche kunstvolle Holzmännchen schnitzt und später Gemeinderatspräsident wird.
Ja? Es ist beides derselbe Michel. Etliche Bücher gibt es über diesen Michel aus Lönneberga, den die bekannte schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren so liebevoll beschrieben hat.
MICHEL aus Lönneberga ist der SCHUTZPATRON aller AD(H)S-Kinder.
…ALSO aller Kinder, die nicht so funktionieren, wie sie sollten und wie es einfach wäre.
…aller Kinder, die den Erwachsenen das Leben schwer machen.
…und aller Kinder, denen die Erwachsenen das Leben schwer machen.
AD(H)S ist die Bezeichnung für das sogenannte Aufmerksam-keitsdefizitsyndrom oder Aufmerksamkeitsdefizitstörung in Verbindung mit Hyperaktivität oder Hypoaktivität.
Unterschiedlichen Angaben zufolge, sollen heute bis zu 15 % Prozent der Kinder im Schulalter von dieser Störung betroffen sein. Es gibt Fachleute (Psychiater, Neurologen, Pädagogen, Soziologen), die behaupten, es gäbe gar keine Störung namens AD(H)S. Tatsächlich ist die Diskussion um das Phänomen AD(H)S zu einem sehr umstrittenen Feld geworden. Der Medienrummel, der sich zu diesem Thema entwickelt hat, trägt nicht unbedingt zu einer sachlichen Aufklärung bei.
Die Not mit den bekannten Symptomen umzugehen, ist bei Eltern, Erziehern und Lehrern gleichermaßen groß. Die meisten Kinderärzte sehen sich mit einem Problem konfrontiert, bei dem sie kaum aus ihrem Erfahrungsschatz schöpfen können.
Bei Kindern, die mit der Diagnose AD(H)S zu mir in die Praxis kommen, spreche ich grundsätzlich von Kindern mit einem „besonderen Lern- und Aufmerksamkeitsverhalten“. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass solchen Kindern auch ohne die Gabe von Medikamenten geholfen werden kann. Wenn man weiß, wie ihr Denksystem funktioniert und es gelingt, ihnen die, die Gegenwart dominierende Denkart zugänglich zu machen, sind grundlegende Verhaltensänderungen möglich.